Kastell Niederbieber

Kastell Niederbieber (Skizze)
Kastell Niederbieber (Skizze)

An der Rheingrenze um 185, zur Zeit von Kaiser Commodus, Sohn Marc Aurels. Das Römische Reich war in die Defensive geraten, und es hatte nicht genug Soldaten, mehrere Fronten zugleich zu verteidigen.

Auch für die Menschen in der „Villa Alaudae“ in Bonn und die Handelsfamilie Olivifer war es eine schwere Zeit. Während der langen Kriegsjahre hatten sie Truppen an der Donaugrenze unterstützt und ihren Betrieb so gut es ging aufrechterhalten.

Die Pest hatte das Handelshaus Olivifer heimgesucht, Verenatus wäre fast gestorben, Handelswege waren zusammengebrochen. Schweren Herzens hatte der Patron in Mailand entschieden, sein Haus in ein größeres Unternehmen, das Al’Alio in Lyon, einzugliedern. Doch der Handel mit Oliven ging weiter, nun kamen sie aus Hadrumetum in der Provinz Africa Proconsularis. Am Ende ihres Lebens kam die „Legio Mama Victrix“ noch einmal in Bonn zusammen. Nun würde die nächste Generation übernehmen, unter ihnen Vigilius, Nautianus’Sohn, wie der Vater Offizier der Flotte.

Niederbieber – der Limes wird verstärkt (um 185)

Kaiser Marc Aurel hatte Roms Feinde jenseits der Donau aufhalten können, doch er selbst hatte nicht überlebt; gegen Ende des Krieges war er im Feldlager an der Pest gestorben. Sein Sohn und Nachfolger Commodus schloss einen Waffenstillstand mit den Markomannen und ließ den Limes weiter verstärken. Germania Superior, Gallia Belgica und Raetien waren blühende Provinzen; hier gab es ein funktionierendes Staatswesen und eine funktionierende Wirtschaft. Die meisten Menschen im freien Germanien hingegen waren arm, und der Wohlstand in den römischen Provinzen weckte Neid. Direkt an der Grenze zu Germania Inferior, in Niederbieber, entstand auf der rechten Rheinseite ein neues großes Kastell, 1000 Mann sollten hier untergebracht werden. Vigilius und seine Kameraden von der Flotte transportierten ununterbrochen Baumaterial dorthin.

Vigilius und Fructo

Bei der gemeinsamen Arbeit hatte Vigilius sich mit Kameraden angefreundet, allen voran mit Fructo, der in einer teilberittenen Kundschaftereinheit, dem Numerus Eploratorum Germanicorum Divitiensium , diente. Am Limes waren hauptsächlich Hilfstruppen stationiert; nach Niederbieber kamen der Numerus Brittonum mit vielen Menschen aus dem römischen Britannien und Fructos Einheit. Er war hier am Rhein, an der Südgrenze von Germania Inferior, groß geworden und kannte fast jeden Strauch auf beiden Seiten des Rheins.

Vigilius hatte oft mit seinen Kameraden von den Hilfstruppen gegessen und festgestellt, dass ihr Essen doch arg einseitig war – meistens gab es Puls, einen Brei aus Zwiebel, Speck, angeröstetem Getreide und Mehl. Und so setzte er die alte Tradition seiner Familie fort: Wann immer er in Niederbieber zu tun hatte, brachte er Vorräte aus der Villa Alaudae mit; dann kamen zur großen Freude seiner Kameraden frische Oliven, Olivenöl, Käse und Früchte auf den Tisch. Zum Nachtisch gab es Pofertiuli, die seine Mutter Anike immer noch mit viel Liebe zubereitete. Er selbst war mit diesem köstlichen Gebäck groß geworden. Nun lachte er in sich hinein, als er sah, wie ausgewachsene Soldaten sich die Backen vollstopften und genussvoll aßen.

Weinanbau am Rhein?

Eines Abends saßen Fructo und Vigilius bei einem Glas Moselwein zusammen. „Mmhh, lecker“, meinte Fructo, „noch kein Vergleich mit den Qualitätsweinen aus Italien oder Gallien, aber es wird was mit dem Weinbau hier.“ Die meisten Soldaten, überhaupt die meisten Römer konnten nicht ohne Wein sein. Auch die Einheimischen waren schnell auf den Geschmack gekommen. Seit Beginn der Römerzeit am Rhein hatte man Wein importiert und dann an der Mosel in Gallia Belgica angefangen, Wein anzubauen. „Ob Du es glaubst oder nicht“, sagte Fructo in verschwörerischem Ton, „einige Leute, unter ihnen ein Cousin von mir, wollen auch hier am Rhein Wein anbauen.“

Droht Gefahr aus dem Barbaricum?

„In dieser Region haben die Vorfahren meiner Familie, die Ubier, einst gelebt“, sagte Vigilius nachdenklich, „dann wurden sie von ihren Nachbarn fast aufgerieben und Agrippa siedelte sie auf dem linken Rheinufer an. Jetzt verstärken wir hier den Limes. Als Junge war ich oft mit zu den Markttagen im Limesgebiet und habe mich jedes Mal auf den Honig aus Germanien gefreut, jetzt sehe ich nur noch wenige germanische Händler hier. Wein braucht lange, meinst Du, dass wir ihn wachsen sehen und vielleicht auch trinken können?“ „Viele teilen Deine Sorge“, meinte Fructo, „selbst Händler aus befreundeten Clans kommen kaum noch; dafür suchen immer mehr Germanen Arbeit bei uns. Wir wissen, dass andere Germanen hinzuziehen, die uns feindlich gesinnt sind . Sie sind kaum in der Lage, Überschüsse zu erwirtschaften und Vorräte anzulegen, jede schlechte Ernte bringt Hunger, und jetzt wird auch das Klima noch rauer.“

Er schwieg eine Weile, dann sagte er: „Drüben im Barbaricum braut sich etwas zusammen. Wir können nur vorausplanen, unsere Leute sichern und leben. Und Du, Vigilius, bist gerade mal Mitte zwanzig, Du hast den Markomannen-Krieg und die Pest überstanden, nun freue Dich an jedem Tag des Friedens am Rhein.“

In den folgenden Jahren kam Vigilius oft nach Niederbieber, auch als das Kastell längst fertig war. Nach und nach lernte er Fructos große Familie kennen. Unter ihnen war auch eine junge Dame namens Viticula, die er auf Anhieb mochte und nach seiner Dienstzeit heiraten wollte. Nun würde er mit einer jungen Frau aus der Gegend, aus der seine Ursprungsfamilie einst über den Rhein gekommen war, eine neue Familie gründen, und darauf freute er sich sehr.

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