Kaiser Hadrian sichert die Grenzen

Hadrianswall
Hadrianswall

Römisches Reich, um 120. Kaiser Hadrian entschied, anstelle weiterer Eroberungen die bestehenden Grenzen zu sichern. Das war ein entscheidender Wechsel in der Außen- und Grenzpolitik des Reiches.

Kaiser Hadrian am Rhein (121)

Auf Kaiser Trajan folgte Hadrian, unter dessen Kommando die legio I Minervia im zweiten Dakerkrieg gekämpft hatte. Hadrian bereiste alle Provinzen und kam auch an den Rhein. Der Besuch des Kaisers war ein großes Ereignis. Viele Bonner standen am Rhein und winkten, als die Flotte des Kaisers vorbei fuhr. Unter ihnen waren auch Uvius Pino, Nauticula Minor und ihre Kinder.

In der CCAA würde es sicher Festlichkeiten geben. Die Hauptstadt von Germania Inferior war inzwischen eine antike Weltstadt mit prächtigen Repräsentationsgebäuden und einer gewaltigen Stadtmauer, die mit Steinen vom Drachenfels gebaut worden war. Die CCAA hatte auch ein Amphitheater, doch für ihn, Uvius Pino, war das nichts. Er verabscheute die blutigen Gladiatorenkämpfe und Tierhatzen zutiefst. Viele seiner Landsleute schauten ihn deshalb verständnislos an, doch niemand wagte eine Bemerkung.

Hoffnung

Man wusste um seine Leistungen als Centurio, und nie hatte er von seinen Leuten mehr verlangt als von sich selbst. Auch als Veteran hatte er seine Verdienste. Drüben bei den Steinbrüchen am Drachenfels hatte er einmal blitzschnell reagiert und mit einem gewaltigen Satz gleich zwei Männer zu Boden gerissen, als sich ein Block aus der Befestigung gelöst hatte und auf sie zugerast war. Die Männer hatten blaue Flecken, doch der Steinblock war an ihnen vorbei gerast. Nein, Uvius Pino musste niemandem etwas beweisen.

Sein Sohn war fasziniert von der Rheinflotte. Das wunderte den Vater nicht, denn mütterlicherseits stammte er aus einer Schiffsführerfamilie, und er selbst war in Bordeaux, einer Hafenstadt aufgewachsen. Uvius Pino hoffte inständig für seinen Sohn, dass ihm schlimme Kriegseinsätze erspart bleiben würden. Vielleicht konnte er dazu beitragen, in einer Zeit des Friedens das Aufblühen der germanischen Provinzen mitzugestalten.

Frieden .. am Abend legte Pino vor dem Weihestein der Aufanischen Mütter in seinem Peristyl einige Äpfel nieder. Hier an der Rheingrenze war Frieden und sein kleines Bonn blühte auf. Doch im Osten des riesigen Reiches, in Judäa, brodelte es, bald würde auch Kaiser Hadrian einen erbitterten, grausamen Krieg führen.

Legio I Minervia in Britannien (um 122)

Kaiser Hadrian entschied, anstelle weiterer Eroberungen die bestehenden Grenzen zu sichern. Er inspizierte alles genau und ließ die Rheingrenze weiter verstärken. Von Germania Inferior aus zog würde er weiter nach Britannien ziehen; dort ließ er gerade einen gigantischen Grenzwall errichten. Die Neusser legio VI Victrix würde mit ihm ziehen und auch eine Abordnung der legio I Minervia hatte Order bekommen, ihn zu begleiten.

Unter ihnen war Lucianus, der mit Uvius Pinos Familie befreundet war und sie oft in der „Villa Alaudae“ besucht hatte. Nun kam er noch einmal zu einem Abschiedsbesuch. „Wir gehen ans nördliche Ende der römischen Welt“, sagte er, „einige meinen, dass hinter dem Nebel, dem Wald und dem Moor die Welt aufhört, aber das hat man ja vor einiger Zeit auch von Germanien behauptet, und nun leben wir hier glücklich. Lass‘ es ruhig ein bisschen regnen und stürmen; mir wird schon nichts passieren. Aber Ihr und Eure gute Küche werdet mir in Britannien arg fehlen.“

Pino schmunzelte und schenkte ihm noch einmal Wein nach. „Wie lange werdet Ihr bleiben?“ fragte er. „Nun, die VI Victrix ist ganz nach Eburacum, auf einheimisch York, versetzt worden“, antwortete Lucianus, „der Kaiser braucht Verstärkung an der Nordgrenze. Dort kommt es immer wieder zu Gefechten mit den einheimischen Stämmen, den Briganten und weiter nördlich den Pikten. Die legio VIIII Hispana soll dabei untergegangen ist, aber wir wissen nichts Genaues, und ich will es auch nicht glauben. Aber der Kaiser lässt nun einen massiven Grenzwall bauen, dazu braucht er mehr Männer, und da wir viel Expertise haben, sollen auch unsere Fachleute mit.“

Uvius Pinos Familie verabschiedete ihn herzlich, sie alle würden ihn vermissen. Beim Hinausgehen rief ihm Lenticula noch nach, dass es bei seiner Rückkehr sein Lieblingsgericht geben würde.

Exercitus Germaniae Inferioris (um 122)

Ein Jahr später kam eine neue Legion, die legio XXX Ulpia Victrix, nach Xanten. Sie war von Kaiser Trajan, mit vollem Name C. Ulpius Traianus, für seinen Krieg gegen die Daker ausgehoben worden und nach ihm benannt. Fortan würde sie in enger Zusammenarbeit mit ihrer Schwesterlegion, der I Minervia in Bonn, das nieder-germanische Heer (Exercitus Germaniae Inferioris) bilden. Schnell sprach sich auch bei den Männern der XXX Ulpia Victrix herum, dass es in der „Villa Alaudae“ in Bonn hervorragende Oliven und Olivenöl gab, und dass ihr Name an die frühere Xantener Legion V Alaudae erinnerte. Auch Generationen später waren der Tod der Legionäre und die Zerstörung des alten Lagers ein Trauma für die Römer. Man hatte ein neues Legionslager, mit lateinischem Namen Vetera II, erbaut. In seiner Nähe war eine neue Stadt Xanten entstanden, die Trajan zu einer Kolonie römischen Rechts, der Colonia Ulpia Traiana (CUT), erhoben hatte.

Bauprojekte

Oft kamen Offizieren der XXX Ulpia Victrix nach den Stabsbesprechungen ins kleine Ladenlokal der „Villa Alaudae“, aßen etwas und unterhielten sich mit Uvius Pino. Gewiss mussten sie weiter die Rheingrenze sichern, doch in dieser Zeit des Friedens konnten man Bauprojekte in ganz Germania Inferior planen. Von Voorburg im Norden, fast schon bei der Mündung des Rheins in die Nordsee, bis hinunter nach Remagen, ganz im Süden an der Grenze zu Germania Superior. Ein dicker Offizier der XXX Ulpia Victrix strahlte, als er eines Abends ankündigte, dass Xanten ein prächtiges Forum erhalten sollte. Auch Uvius Pino lächelte – gegenüber am Drachenfels gab es die richtigen Steine dafür.

In der Eifel, im Brohltal und am Drachenfels wurden Steine gebrochen; auch Abordnungen der legio I Minervia arbeiteten oft in den Steinbrüchen. Nun würde der Veteran Uvius Pino drüben am Drachenfels einen Stand aufbauen und die Kost der Mannschaften aufbessern. „Wie Onkel Aliter früher“, sagte seine hochbetagte Schwiegermutter Nauticula, und dabei strahlte sie über das ganze Gesicht.

Kaiserliche Spione (um 130)

Kaiser Hadrian hatte auch merkwürdige Seiten. Seiner Meinung nach ließen es sich die Grenztruppen zu gut gehen; es hieß, dass ihm besonders die Gärten ein Dorn im Auge wären. „Dabei lässt sich der Kaiser in Rom eine herrliche Villa bauen“, dachte Uvius Pino, „im Daker-Krieg war er unser Kommandant, er kennt uns und weiß, dass wir fähig sind.“ Leider wurde der Kaiser auch immer misstrauischer. Schließlich ließ er seine Spione, die Frumentarii, alles und jeden bespitzeln. Eigentlich waren die Frumentarii für die Versorgung der Truppen mit Lebensmittel zuständig, aber nach und nach hatte sich auch diese Nebenbeschäftigung entwickelt. Leider gab es solche Leute auch in Bonn.

Da war Gaius Discordans, ein Centurio der legio I Minervia, der sich immer wieder übergangen fühlte und darauf sann, sich hervorzutun. Wenn sich der Kaiser in Rom schon an den Gärten hier am Rhein störte, überlegte er, dann würde es ihn ganz bestimmt empören, dass die Leute der „Villa Alaudae“ die Arbeitstrupps in den Steinbrüchen sogar vor Ort verköstigten.

Ein ums andere Mal kam er in die „Villa Alaudae“ und tat so, als wenn er die feinsten Oliven und das feinste Olivenöl kaufen wollte. Natürlich speiste ein hochgestellter Römer nicht in der Garküche, und in Anbetracht seiner Position fühlten sich Uvius Pino und Nauticula Minor verpflichtet, ihn standesgemäß zu bewirten. Schon bald spürten sie, wie Unbehagen in ihnen aufstieg. Bei einem weiteren Besuch sah Discordans die Amphoren und Körbe, die für den Transport zum Drachenfels am nächsten Morgen bereitstanden, und erkundigten sie eingehend danach. Jetzt hatten sie Gewissheit. „Wir müssen aufpassen, da stimmt was nicht“, raunte Uvius Pino seiner Frau leise zu, als Discordans gerade nach seiner Sänfte schickte.

Die „Legio Mama Victrix“

Auch ihre Kinder hatten Discordans gleich misstraut und ihn im Auge behalten. Diese letzte Bemerkung ihres Vaters hatten sie gehört. „Kommt“, sagte Nautianus zu seinen Schwestern. Schnell machte er sich an den Amphoren zu schaffen und achtete darauf, dass Discordans ihn beim Verlassen des Hauses dabei sah. „Du bist der Sohn, nicht?“ fragte der gönnerhaft. Nautianus nickte und sagte eifrig: „Ja, wir bereiten alles vor, damit es morgen schnell geht.“ Bevor sie zu Bett gingen, schlichen sich Lenticula und Fabicula in die Nähe der Amphoren und Körbe und vergruben dort einige Knochen für die Familienhunde Gioia und Gaudio, und zwar so, dass die beiden es mitbekamen. Dann gingen sie zurück in ihr Schlafzimmer.

Mitten in der Nacht riss sie Gebell aus dem Schlaf. Die Schwestern liefen ans Fenster: Da waren Gioia und Gaudio, die eine schemenhafte Gestalt anbellten. Schon kam ihr Bruder mit einer Laterne und hob sie an – da stand Discordans, der sich eine Amphore schnappen wollte als Beweis, dass die „Villa Alaudae“ entgegen den Wünschen des Kaisers die Soldaten verweichlichte. Er wollte sich schnell wegschleichen, doch ihr Vater und einigen Männer waren schon herangeeilt und versperrten den Weg. „So“, sagte Uvius Pino streng, „Du hast also gedacht, dass Du uns mit dieser Amphore anschwärzen kannst. Lass‘ Dir eines gesagt sein – die Männer, die dort drüben am Drachenfels Steine brechen, arbeiten verdammt hart für Germania Inferior! So ist die Stadtmauer der CCAA entstanden, unser Lager, das Forum in Xanten und viel mehr! Und nun verschwinde!“

Discordans kam nie wieder in die Villa Alaudae. Zu groß war die Schande, dass er sich von Kindern hatte hereinlegen lassen. Uvius Pino hingegen platzte vor Stolz über seine „Legio Mama Victrix“.

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