Steine vom Drachenfels

Felsenmeer am Rüdenet, Drachenfels, Römische Steinbrüche am Drachenfels
Felsenmeer am Rüdenet, Drachenfels

An der Rheingrenze, um 50. Ein breiter Streifen auf der rechten Rheinseite war Militärgebiet. Römische Steinbrüche entstehen am Drachenfels. Mit dem Gestein ließ sich gut bauen ließ, und die CCAA brauchte eine Stadtmauer.

Römische Steinbrüche am Drachenfels (um 55)

Inzwischen war der Steinbruch drüben auf der anderen Rheinseite in vollem Gang. Es war eine harte Arbeit für alle Männer der Arbeitstrupps. Zunächst schlugen sie auf der gewünschten Trennlinie Stück für Stück Keillöcher ein, dann steckten sie Eisenkeile in die Löcher und schlugen sie mit einem Hammer nacheinander ein, bis ein Spalt durch den Stein ging und man das gewünschte Stück abspalten konnte. Dann wurde der Stein noch vor Ort grob zusammengehauen und gut gesichert den Berg hinab zum Rheinufer gebracht. Dort wurde er verladen.

Mit seiner Frau Pumella Pulchra und seinen beiden Söhnen wollte Aliter es den Männern etwas leichter machen und für ordentliche Verpflegung sorgen. Er hatte in der Nähe des Steinbruchs einen Stand aufgebaut: eine Holzplatte auf zwei Böcken, auf denen er die Speisen anbot, daneben einige Amphoren mit Wasser und ein einfacher Klappstuhl für ihn. Hier konnte sich die Männer zwischendurch Oliven, Brot, Käse, Obst und Wasser holen. Sein Bruder Nativo kam nun regelmäßig nach Bonn und hatte stets die herrlichsten Oliven, Ölivenöle, Früchte und natürlich auch Weine dabei.

So verbrachte Aliter viele Tage auf der anderen Rheinseite am Fuß des Drachenfels. Er sah zu, wie die Schiffe der römischen Rheinflotte, der Classis Germanica, unterhalb der Steinbrüche anlegten, beladen wurden und weiterfuhren nach Norden. Wo würden all diese Steine verbaut werden? Manchmal gönnten sich die Mannschaften nach getaner Arbeit eine kurze Pause, bevor sie wieder ablegten. Dann erzählten sie ihm von der gewaltigen Stadtmauer rund um die CCAA und von ihrem neuen Flottenkastell, das südlich von der Stadt gebaut wurde. Aber die Fahrt ging noch viel weiter zu den Legionslagern in Novaesium (Neuss), Vetera (Xanten), bis hinauf ins Land der Bataver, wo sich der Rhein mehrfach gabelte.

Tschorba

Aliter hatte viele Angehörige der Rheinflotte kennengelernt, und mit manchen freundete er sich auch an. Die meisten stammten aus dem Osten des Reiches. Da war Tschorba, der mit den thrakischen Hilfstruppen gekommen war. Aliter merkte, dass er Sorgen hatte. Eines Abends, als sie ein Glas miteinander tranken, sprach er ihn an. „Es stimmt, ich weiß mir keinen Rat mehr“, sagte Tschorba, und dann brach es aus ihm hervor: „Meine Frau ist vor kurzem gestorben, und ich habe eine kleine Tochter. Ja, ich weiß, eigentlich dürfen wir nicht heiraten, aber so fern der Heimat allein zu sein ist schwer, auch wenn es mir hier am Rhein gefällt.

Nauticula (62)

Nauticula ist ein so lebhaftes Kind, sie liebt den Fluss und die Schiffe wie ich; am liebsten wäre sie den ganzen Tag draußen am Wasser. Nun ist sie bei Verwandten meiner Frau, die sehr konservativ sind und kein Verständnis dafür aufbringen. Du weißt ja, für eine römische Frau schickt es sich, zuhause zu bleiben. Nauticula kommt mir bei jedem Besuch blasser vor, und ich bin die ganze Zeit weg.“ Er schwieg eine Weile, dachte nach und fuhr dann fort: „Vielleicht sollte ich all das gar nicht sagen, schließlich denken die meisten römischen Familienväter in dieser Hinsicht genauso. Doch wie ich Dich kennengelernt habe, liebst Du Deine Kinder und willst sie glücklich sehen.“ „Nauticula heißt sie?“ fragte Aliter verwundert, „das ist ein ungewöhnlicher Name für ein Mädchen.“ „Eigentlich heißt sie ja auch Gaia“, antwortete Tschorba, „ich nenne sie Nauticula, weil sie ein kleiner Seemann ist.“

Aliter lächelte, dann sagte er: „Was wäre denn damals aus den römischen Truppen auf der rechten Rheinseite, im Feindesland, geworden, wenn Germanicus‘ Gattin Agrippina Maior schicklich zuhause geblieben wäre, als verzagte Römer die Rheinbrücke in der CCAA sperren wollten? Man hätte sie ihrem Schicksal überlassen! Und nun komm‘ mal mit zu mir.“ Und dann erzählten sie Pumella Pulchra dieselbe Geschichte. Die beiden schauten sich an. „Wir haben uns immer noch ein Schwesterchen für unsere Söhne gewünscht“, sagte Pumella Pulchra, „nun, wenn Du magst, kann Dein Töchterchen hier bei uns leben und Dich bei jedem Einlaufen begrüßen!“

Betrieb auf dem Rhein (um 65)

Einige glückliche Jahre gingen ins Land. Nauticula wuchs mit Fortiter und Rubeus auf und es ging hoch her in dem kleinen Steinhäuschen am Rhein. Fortiter wollte wie der Vater Offizier in der Bonner legio I Germanica werden. Mit seinen Kameraden würde er die Rheingrenze sichern, doch Legionär zu sein war für ihn noch viel mehr. Nun, da Frieden an der Rheingrenze war, würden sie Straßen, Brücken und Aquädukte bauen, und er, Sohn eines Römers und einer Ubierin, würde mithelfen, aus seinem Heimatland Germania Inferior eine blühende Provinz zu machen.

Rubeus

Rubeus liebte den Betrieb auf dem Rhein und wollte zur Hafenkommandatur gehen, deren Chef ein Centurio im Stab Kommandanten der legio I Germanica war. Zwar konnte man Bonn nicht mit der großen CCAA vergleichen, doch am Hafen war immer Betrieb. Die Schiffe der Rheinflotte patrouillierten rheinauf- und rheinabwärts, und fast täglich legten kleine und großen Handelsschiffe an, brachten Getreide und andere Vorräte für die Legion, Terra-Sigilata-Geschirr und andere Handelswaren aus Gallien und Germania Superior. Die Freude am Betrieb auf dem Rhein verband Rubeus und Nauticula; die beiden mochten sich überhaupt sehr gerne. Schon von weitem erkannten sie das Schiff, auf dem Nauticulas Vater Tschorba seinen Dienst tat, und ebenso Nativos Schiff.

Handelswege von Mailand nach Germanien

Nativo hatte seinen Traum verwirklicht; er hatte neue Handelswege aufgebaut und besaß ein eigenes Schiff. Von Mailand aus führte seine Handelsroute über die römische Fernstraße nach Augst, lateinisch Augusta Raurica, am Rhein in Germania Superior. Diese Stadt lag am schiffbaren Rhein; hier schnitten sich wichtiger Fernstraßen; Gewerbe, Handwerk und Handel blühten. Vor allem aber hatte seine Tochter Poesina einen ortsansässigen Handelspartner geheiratet und mit ihm eine Niederlassung des Handelshauses Olivifer eröffnet. Von dort war es nur ein Katzensprung zum Legionslager Vindonissa (Windisch), das sein Haus auch belieferte. Dann ging es weiter über die Legionsstädte Straßburg und Mainz, lateinisch Argentorate und Moguntiacum, zu Aliter nach Bonn, und von dort aus bis hinauf ins Bataverland im Norden Germania Inferiors.

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