Bataveraufstand

Rhein von Bonn und Siebengebirge, Legionslager aus Holz, Bataveraufstand
Rhein von Bonn und Siebengebirge, Legionslager aus Holz (Skizze)

Um das Jahr 68 an der Rheingrenze. Zum Ende der Regierungszeit Neros geriet das Reich in eine Staatskrise, und auch die Rheinlegionen waren beteiligt. Vierkaiserjahr und Bataveraufstand erschütterten auch das Rheinland.

Veteran Aliter

Aliter, nun Veteran der legio I Germania, und seine Frau Pumella Pulchra hatten zwei Söhne, Fortiter und Rubeus, und die Pflegetochter Nauticula. Fortiter war in die Bonner legio I Germanica eingetreten, Rubeus lernte in der Hafenkommandatur.

Auch als Veteran kümmerte sich Aliter um seine Kameraden; ein besonderes Anliegen war ihm die Versorgung der Arbeitstrupps in den Steinbrüchen am Drachenfels. Lucius Olivifer Nativo hatte das Handelsgeschäft seines Vaters übernommen und den Handel nach Germania Superior und Germania Inferior ausgedehnt, er kam häufig nach Bonn. Auch er war Familienvater, sein ältester Sohn würde das Stammhaus in Mailand übernehmen; seine Tochter Poesina hatte einen Handels-partner in Augst geheiratet und leitete nun mit die Niederlassung des Handelshauses Olivifer dort.

Machtkampf in Rom (68/69)

Im Jahre 68 geriet das Römische Reich in eine Staatskrise. Kaiser Nero (54-68) war zu einem Tyrannen geworden, hatte seine Mutter Agrippina ermorden lassen, und wenige Jahre zuvor waren große Teile Roms in Flammen aufgegangen. Es kam zu einem Aufstand in Gallien gegen Nero, um den Statthalter von Hispanien, Servicius Sulpicius Galba, auf den Thron zu bringen. Die Rheinlegionen schlugen den Aufstand nieder; doch in Rom zwang der Senat Nero zum Selbstmord und erhob Galba zum neuen Kaiser. Ausgerechnet Galba, den die Rheinlegionen gerade erst bekämpft hatten. Nun verweigerte er ihnen nicht nur die üblichen Geschenke, sondern machte aus seinem Misstrauen kein Hehl. Er entließ die kaiserliche Leibwache aus Batavern, was eine Beleidigung für den ganzen Stamm war, und ließ den Bruder ihres Kommandeurs Civilis zu Unrecht hinrichten. In Germanien setzte er sogleich einen neuen Statthalter ein, Aulus Vitellius.

Aufmerksame Beobachter am Rhein spürten die zunehmende Spannung. Als Nativo in diesem Sommer wieder kam, war auch er bedrückt. Lange blieb er bei seinem Halbbruder, dann machte er noch einmal eine Reise über die CCAA, Neuss, Xanten bis ins Bataverland und zurück nach Bonn. „Ein alter Soldat der legio V Alaudae in Xanten hat mir seine Ersparnisse anvertraut“, sagte er zu Aliter, „er rechnet mit einem Krieg. Sollte ich ihn nicht mehr wiedersehen, soll ich das Geld in seinem Sinn verwenden. Es ist tragisch. Die V Alaudae war von Anfang an hier am Rhein, dieser Mann wurde sogar hier geboren. Er war nie in Rom, noch nicht einmal in Italien – und doch gilt er hier als Feind.

Vitellius

Der alte Legionär sollte Recht behalten. Im Januar 69 riefen die Rheinlegionen Vitellius zum Kaiser aus. Der marschierte mit einem großen Teil seiner Truppen nach Italien; mit dabei waren auch Aliters junger Sohn Fortiter und andere Soldaten der legio I Germanica. In Rom war inzwischen Galba ermordet und Marcus Salvius Otho zum neuen Kaiser ausgerufen wurden. Vitellius‘ Truppen besiegten Othos und erreichten Rom. Dort glaubte er sich am Ziel und schickte den Großteil seiner Truppen zurück an den Rhein. Doch ein halbes Jahr später riefen die Truppen im Osten des Reiches den Kommandanten in Judäa, Vespasian, zum Kaiser aus. Der Bürgerkrieg ging weiter.

Vitellius rief seine Truppen wieder nach Rom und forderte Verstärkung durch die Rheinlegionen an. Doch sein Kommandant in Mainz, Flaccus, lehnte ab, da die Rheingrenze ohnehin kaum geschützt war. Daraufhin befahl ihm Vitellius, unter den Batavern weitere Truppen auszuheben. „Und dass nur, damit sie einem römischen Kaiser und Besatzer gegen einen anderen helfen“, dachte Aliter. Schon jetzt hatte fast jede batavische Familie mindestens ein Familienmitglied in der römischen Armee. Er war Soldat, aber auch Vater eines Soldaten.

Bataver-Aufstand (69/70)

Die römischen Rekrutierer bedrängten und drangsalierten die Bataver so sehr, dass es zum Aufstand kam. An die Spitze setzte sich Iulius Civilis, ein batavischer Adliger und römischer Bürger, der viele Jahre in römischem Heer gekämpft hatte. Zusammen mit dem Nachbarstamm der Cannanefates eroberten die Bataver die nur schwach bewachten römischen Einrichtungen und besiegten kurz darauf ein römisches Entsatzheer. Zudem hatte Civilis einen Brief von Vespasian erhalten, in dem dieser seinen Aufstand unterstützte – schließlich waren so die Vitellius-treuen Rheinlegionen in Germanien gebunden.

Nach Vespasians Sieg hätten die Bataver und ihre Verbündeten in Frieden und Freiheit leben können. Doch Civilis dachte nicht an Frieden, sondern trug den Krieg tiefer ins Römische Reich hinein: Im September 69 griff er mit seinen Truppen das Legionslager Xanten an und ließ Städte in Germania Inferior und Gallia Belgica plündern. Ihm muss klar gewesen sein, dass dies kein römischer Kaiser hinnehmen konnte, auch Vespasian nicht. Vermutlich fühlte er sich sicher, denn große Teile der Rheinlegionen kämpften im Bürgerkrieg in Italien. Civilis hingegen hatte Unterstützung bekommen: die Brukterer und Tenkterer auf der rechten Rheinseite, alte Feinde Roms, und Vitellius‘ batavische Hilfstruppen waren zu ihm gestoßen. Im Oktober 69 zog ein römisches Heer mit den Legionen XVI Gallica und XV Primigenia los, um Xanten zu befreien. Auch die in Bonn verbliebenen Soldaten der legio I Germanica zogen mit.

Civilis‘ Krieg

Aliter war tief besorgt. Gerade jetzt, wo sein Leben so glücklich war, geriet alles ins Wanken. Wenn es nicht bald gelänge, Xanten zu befreien und den Aufstand glimpflich zu beenden, würden die Folgen für Germania Inferior und vielleicht auch Germania Superior verheerend sein. Dann kam aus Rom die Nachricht, dass Vespasians Truppen in Italien standen. Das brachte die Rheinlegionen in dieselbe Situation wie im Jahr zuvor, als sie im Dienste Kaiser Neros den Aufstand zugunsten Galbas niedergeschlagen hatten – doch dann war ausgerechnet Galba Kaiser geworden. Nun waren sie dabei, für ihren Kaiser Vitellius den Bataver-Aufstand niederzuschlagen, deren Anführer ein Unterstützer Vespasians zu sein schien. Man entschied abzuwarten; bevor das Entsatzheer Xanten erreichte, blieb es in Gelduba (Krefeld) stehen. Dann griff Civilis seinerseits das römische Heer an. Die Römer siegten und konnten die Belagerung von Xanten aufheben, doch auch sie hatten schwere Verluste.

Als die Männer im Legionslager Xanten gerade aufatmeten, kamen beunruhigende Nachrichten aus Germania Superior: Die Chatten und die Usipeter hatten den Rhein überschritten, plünderten linksrheinisches Gebiet und bedrohten Mainz. Aliter war gleich klar: Mainz und Germania Superior waren für Rom ungleich wichtiger war als Germania Inferior. Er lag richtig: Flaccus ließ Xanten mit Proviant, aber unterbesetzt zurück, und zog mit der Truppe nach Süden.

Die Legionäre kommen um

Auch aus Rom kamen schlechte Nachrichten: Im November 69 hatte Vespasian gesiegt, und Vitellius war in Rom ermordet worden. Nun schwuren die Offiziere Vespasian die Treue, die meisten ihrer Soldaten aber taten es nur gezwungenermaßen. Als Flaccus dann auch noch im Namen von Vespasian Geld verteilen ließ, wurde er von erbosten Soldaten umgebracht. Sein General Vocula entkam mit knapper Not. Wenig später konnte Vocula mit den Legionen I Germanica, IIII Mace-donica und XXII Primigenia die Belagerung von Mainz beenden.

Nun, da Vespasian gesiegt hatte und Römer und Bataver demselben Kaiser dienten, hätte Civilis Frieden schließen können. Doch im März 70 griffen seine Truppen das unterbesetzte Legionslager Xanten erneut an.In Mainz ließ Vocula die Legionen IIII Macedonica und XXII Primigenia zum Schutz der Stadt zurück und machte sich mit den anderen auf den Weg nach Xanten. Doch auf dem Weg erreichten ihn Nachrichten von einem Aufstand in Gallien, und er ließ in Neuss haltmachen. Während die Legionen in Neuss lagerten, rückten die Heere der Aufständischen immer näher. Schließlich desertierten die Legionäre der I Germanica und XVI Gallica, ermordeten Vocula und leisteten den Treueeid auf ein Gallisches Reich.

Für die eingeschlossenen Soldaten der Legionen XV Primigenia und V Alaudae in Xanten war die Lage nun aussichtlos, sie ergaben sich. Civilis hatte zugesagt, ihr Leben zu verschonen, doch als sie waffenlos aus dem Lager marschierten, wurden sie niedergemacht. Das Lager wurde geplündert und in Brand gesteckt.

Raubzüge ins Rheinland (69/70)

Aliter in Bonn war erschüttert. Zwei Legionen waren umgekommen, zwei andere, unter ihnen seine eigene I Germanica, hatten die Seite gewechselt. Auch die Flotte hatte nichts ausrichten können. Nun gab es kein Halten mehr: Raubzüge gegen die romanisierten Stämme in Nordgallien und Germania Inferior folgten, das ganze Rheinland wurde verheert. Auch die CCAA wurde erobert, hier schlug Civilis‘ sein Hauptquartier auf. Bald würden die Aufständischen auch über Bonn hereinbrechen, das konnten Aliter und die wenigen Veteranen nicht verhindern. Im Gegenteil, nun da seine legio I Germanica ihnen Treue geschworen hatte, würde ihm jede Aktion gegen sie als Verrat ausgelegt werden.

Vor allem musste er seine Familie in Sicherheit bringen und schickte sie zu ubischen Verwandten seiner Frau in die CCAA. Er wusste, dass Civilis der CCAA und den Ubiern dort etwas schuldete, denn diese hatten seinen Sohn geschützt, als die Römer seinen Tod verlangten. Natürlich wollte Aliters Familie nicht fortgehen, schon gar nicht ohne ihn, doch er bestand darauf. Viele Bataver kämpften um ihre Ehre und ihre Freiheit, die Aufständischen in Gallien für ein eigenes Gallisches Reich, und vielen Germanen von der rechten Rheinseite, die sich dem Aufstand angeschlossen hatten, ging es vor allem ums Plündern. Das alles machte Aliter seiner Familie eindringlich klar. „Und auf allen Seiten gibt es Leute, die sich nicht scheuen werden, alles und jeden niederzumachen“, schloss er.

Aliters Familie in Gefahr

Verschiedene Emotionen spiegelten sich in den Gesichtern seiner Familie – Angst um ihn, aber auch Entschlossenheit. Man konnte doch nicht die Arbeit eines langen Lebens einfach so aufgeben. „Nein, das werden wir auch nicht“, sagte Aliter, „auch wenn die legio I Germanica dem gallischen Führer Treue geschworen hat, sind wir nicht verpflichtet, gemeinen Räubern und Plünderern alles hier zu überlassen.“ Nun horchte seine Familie auf. „Wir werden sammeln, was wir auf keinen Fall verlieren möchten“, sagte er, „und das nehmt Ihr mit in die CCAA.“

Damit war auch seine Familie einverstanden. So schnell es ging, sammelten sie unauffällig ihre wichtigsten Besitztümer und die ihrer Freunde und Nachbarn ein und sicherten sie für den Transport in die CCAA. „Wir müssen etwas da lassen“, warnte Aliter immer wieder, „damit die Beutegierigen etwas finden, dann ziehen sie vielleicht wieder ab, ohne viel zu zerstören.“ Schließlich standen die Reisewagen zur Abfahrt in die CCAA bereit. Und doch fiel ihnen allen der Abschied schwer. Als der Zug mit Aliters Familie, Freunden und Nachbarn sicher auf dem Weg in die CCAA war, ging er zu seinen alten Kameraden in die Militärgebäude im Süden der Stadt.

Das Legionslager brennt

Schon wenig später brach eine ganze Horde von den Aufständischen über Bonn herein. Sie besetzten zentrale Gebäude der Stadt und den Hafen. Kurz darauf sahen Aliter und seine Kameraden im Norden ein großes Feuer lodern – das Legionslager brannte lichterloh. Aliter war klar gewesen, dass gerade das Lager ein verhasster Anblick für die Aufständischen war; doch er hatte viele Jahre seines Lebens hier zugebracht, und der Anblick des brennenden Lagers tat ihm sehr weh. „Verdammt!“ stieß er zwischen den Zähnen hervor.

Ein batavischer Offizier

Dann machte sich eine zügellose Horde über Bonn her. Wieder sah Aliter einzelne Feuer auflodern. Als sie seinem Haus immer näher kamen, vergaß er jede Vorsicht und rannte los. Keuchend kam er an und sah, wie einige Barbaren mit Schwertern und Stangen auf die Fenster und Türen einschlugen. Als sie ihn sahen, drehten sie sich um und kamen mit erhobenen Waffen auf ihn zu. Aliter erstarrte. „Halt!“, donnerte eine laute Stimme. Ein Mann, offensichtlich ein batavischer Offizier, rannte los und schlug den Angreifern die Waffen aus der Hand. „Halt, sage ich! Ihr werdet keine Zivilisten töten!“ „Das ist ein Römer!“ schrie einer der Angreifer. „Egal!“, schrie der Bataver zurück, „wir sind Krieger, keine gemeinen Mörder!“

Dann wandte er sich an Aliter: „Ich kenne Dein Haus, Ihr habt immer faire Preise gemacht, egal ob Römer, Ubier oder Bataver. Gib‘ mir von Deinen Lebensmitteln für meine Leute ab und ein Fass Wein für die da“, sagte er und zeigte auf die Angreifer, „und dann sind wir weg.“ Das tat Aliter, und der batavische Offizier hielt Wort. Aliter blickte ihm nach. Er war froh und dankbar, dass er mit dem Leben davon gekommen war, und dasselbe wünschte er ihm.

Nach dem Krieg (70)

Nach seinem Sieg im Bürgerkrieg hatte Kaiser Vespasian in Rom nun Truppen zur Verfügung, um den Aufstand niederzuschlagen. Eine gewaltige Streitmacht von insgesamt acht Legionen zog unter General Cerialis nach Germania Inferior, und trotz der Unterstützung durch die Brukterer und Tenkterer wurden die Bataver besiegt; weite Teile ihres Landes und ihre Hauptstadt wurden zerstört. Wenigstens schloss Cerialis einen maßvollen Frieden.

<< Steine vom Drachenfels

Ein römisches Ladenlokal mit Garküche in Bonn >>

Zum Weiterlesen | Bataveraufstand
www.livius.org, the Batavian Revolt

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*